Grundschule Spinelli, Mannheim

Wettbewerbserfolg 1. Platz Motorlab Architekten

Käfertal weiterbauen.

Nachhaltigkeit ist der Leitgedanke des Entwurfs der Grundschule Spinelli, auf der gleichnamigen ehemaligen Militärfläche. Sie ist Teil des Modellquartiers, in dem Mann- heim Raum gibt für beispielhafte Antworten auf die Fragen des künftigen Wohnens und Lebens im Zeichen der sich verändernden Umwelt. Neben dem konstruktiven Einsatz des CO2 neutralen Holzbaus und zeitgemäßer Verwendung alternativer regenerativer Energien, manifestiert sich die angestrebte Nachhaltigkeit durch die sozial integrative Kraft eines sich an der Umgebung orientierenden städtebaulichen Konzeptes, sowie der Flexibilität für zukünftige Lernkonzepte, die aus der gewählten Konstruktion des Gebäu- des mit wenigen tragenden Bauteilen resultiert.

Freiraum zur Entfaltung.

Der Schulhof wird als flexibel bespielbarer Baustein auf einer komplexen Stadtplatine begriffen. Eine innere Logik des Hofes wird in ihrer Ausgestaltung mit dem Schulgebäude, der Sporthalle und den heterogenen Nachbarschaften verflochten. Übergreifendes Strukturbild und spezifische Freiraumnutzungen bilden zusammen eine Einheit.Das aus dem Gebäude adaptierte Raster dient in seiner Formatigkeit als Strukturgeber und prägt den gesamten Freiraum. Darin betten sich sämtliche schulische, pädagogische und betriebliche Funktionsabläufe. Ankunftsorte, Einbindungen sowie robuste Vernetzungen werden klar ablesbar gemacht. Flexibel nutzbare, weitestgehend unverstellte Offenflächen finden sich im Kernbereich des Schulhofes. Sie werden topografisch lediglich subtil von den umliegenden, insgesamt sehr robusten Flächen aus großformatigen Werksteinplatten abgesetzt. Die Flächen sind für freie Spielnutzungen, Überquerungen bis hin zur Überfahrbarkeit (in Sonderfällen) ausgelegt. Inseln mit Bäumen dienen als Schattenspender. Flankiert werden die Flächen von Sitz- und Liegepodesten als Verweil- und Lernorte. Nach Süden ausgerichtet bildet ein großes Holzdeck das von Stauden und Bäumen gesäumte ‚Grüne Klassenzimmer‘ aus. Sparsam eingestellte Objekte dienen den Schülerinnen und Schülern mit Balancier- und Hangelangeboten der motorischen Be- schäftigung. Sowohl der nördliche, als auch der südliche Eingang zum Schulhof erhält insgesamt 88 überdachte Fahrradstellplätze. Ein Saum zu den umliegenden Straßenräumen bildet zu den Schulgebäuden einen Filter. Er integriert Pflanzfelder mit Schulgärten und Bestandsbäumen, Wegeanknüpfungen, Terrassen und dem westlich der Sporthalle positionierten Parkplatz (17 Stellplätze, davon 4 behindertengerecht). Dieser kann nach Fertigstellung der Quartiersgarage als warm-up-Fläche für den Schul- und Vereinssport umgenutzt werden. Im Saum wird die Abfallsammelanlage und bedarfsweise ein Zaun mit schließbarer Toranlage integriert.

Die Schule als Haus aus Häusern.

Aus dem Gedanken des Rahmenplans “Stadt weiterbauen” wird die Geschichte des Areals mit der feinkörnigen, durch Satteldächer geprägten Umgebungsbebauung als auch den größeren Gebäudevolumen des anschließenden Modellquartiers maßstäblich verwoben: Der vorgeschlagene Neubau der Grundschule versteht sich somit als ein „Haus aus Häusern“, das die unterschiedlichen Körnungen des Kontextes charakteristisch in sich vereint. Das Ensemble aus Schulhaus und Sporthalle, das an das im Norden gelegene Wohnquartier Käfertal-Süd anschließt, bildet eine neue Stadtkante aus. Die beiden Gebäudevolumen orientieren sich dabei an den bestehenden Raumachsen und fügen sich dadurch in die Matrix der umgebenden Stadtstruktur ein. Das Volumen des Grundschulneubaus gliedert sich in drei interne Funktionsabschnitte. Durch deren Verschiebung in Ost-Westrichtung entsteht einerseits deren klare Ablesbarkeit, die der Orientierung der Schüler dient, als auch eine angemessene Maßstäblichkeit im Kontext andererseits. Der mittlere Gebäuderücksprung führt darüber hinaus zu einer eindeutigen Adressbildung: An dieser Stelle befindet sich der Hauptzugang zum Gebäude vom zentralen Platz aus. Das gefaltete Dach des Schulhauses als Reihung aus Satteldächern zitiert und inter- pretiert den vorherrschenden Formenkanon des baulichen Kontexts und nimmt entfernt Bezug auf die Geschichte der ehemaligen Lagerhäuser auf der Konversionsfläche. Der zentrale Platz zwischen Grundschule und Turnhalle wird als Pausenhof zum Gelenk des alten und neuen Quartiers sowie der anschließenden Landschaft aus Sportflächen und Parklandschaft / Grünzug Nord. Im neuen Dreiklang Grundschule – Freiraum – Turnhalle verschmelzen Alt und Neu: Es entsteht ein Identifikationsraum sowohl für die Schüler als auch die Bewohner des Quartiers.

Bereit für die Schule von Morgen.

Die Anordnung des Programms erfolgt auf Basis des konstruktiven Rasters der vorgeschlagenen Holzskelettkonstruktion von 8.50m x 8.50m, wodurch eine größtmögliche Flexibilität für die Verteilung / Zonierung ermöglicht wird. Dieses Raster bildet die ordnende Grundlage für das Verweben von Alt und Neu. Auf diesem Raster ergeben sich die sinnfälligen Verschiebungen der Gebäudeteile innerhalb der Gesamtkubatur und gliedern die Grundschule in drei ablesbare Baukörper: Cluster 1 im Norden (Verwaltung im EG und Klassenräume im OG), Mittelteil mit Haupteingang, Marktplatz, Mensa im EG und Bibliothek / Kursräumen im OG sowie Cluster 2 im Süden mit Mehrzweckraum und Ganztagesbetreuung im EG und Klassenräumen im OG). Sie nehmen städtebaulich Bezug auf das Modellquartier als auch auf die innere Erschließung und schaffen eindeutige Zugänge. Das Raster ist die spielerische Grundlage der Beziehung zwischen Grundschule, Turnhalle und Freiraum, auf dessen Ordnung sich der quadratische Platz im Herzstück zwischen den beiden Volumen definiert / erstreckt. Er ist räumliches Zentrum, infrastruktureller Verteiler und frei bespielbarer Pausenhof. Das Gebäude ist entsprechend seiner funktionalen Dreigliederung in drei Brandabschnitte gegliedert, die ausgehend von den Lern-Clustern in den Obergeschossen logische Einheiten auf Grundlage des Rasters ergeben. Im Erdgeschoss befinden sich die Mensa, der Ganztages- und der Lehrer- und Verwaltungsbereich. Im Obergeschoss, welches durch einen Aufzug barrierefrei erschlossen ist, befinden sich neben den Klassen, die in zwei Clustern – Nord und Süd – organisiert sind, im Mitteltrakt die Bibliothek und die Kursräume.

Kurze Beine, kurze Wege.

Von dem mittig gelegenen, zentralen Ankommensbereich, der zusammen mit der Freitreppe als Marktplatz dient, werden alle Nutzungsbereiche auf kurzen Wegen nach dem Motto „kurze Beine, kurze Wege“ sehr übersichtlich erschlossen. Die Freitreppe mit Sitzstufenanlage im Herzen der Schule verbindet EG und OG und bietet Sitzplätze für die ganze Schulgemeinschaft. Sie bildet zusammen mit dem vorgelagerten Markplatz die Aula. In diesem mittleren Gebäudeteil liegt auch die Mensa als zentraler Treffpunkt im Haus. Über die Treppenanlage oder den Aufzug gelangt man zu den im Obergeschoss angeordneten Lern-Clustern, der Bibliothek und den Kursräumen. Die Kursräume sind flexibel schaltbar, die Bibliothek hat einen Austritt auf das begrünte Vordach, der als Leseterrasse im Freien dient.

Der Ganztagesbereich im südlichen Gebäudeteil bietet ebenerdigen Zugang zu den Außenbereichen wie z.B. den Klassengärten. Im Norden sind mit separatem Zugang der Lehrerbereich und die Verwaltung angeordnet. Die dreischiffigen Cluster sind jeweils um die mittig liegenden Kommunikationsräume angeordnet. Diese sind sowohl über die Stirnseiten, an denen auch die außenliegenden Fluchttreppen liegen, als auch über Oberlichter im Dach belichtet. Die Trennwände von Kommunikationsraum zu Klas- senzimmer liegen zwischen den tragenden Holzskelettstützen und sind multifunktional nutzbar. Sie nehmen z.B. die Garderoben auf und bieten Stauraum für Materialien. Zudem dienen diese Wände als flexibler Raumgenerator: Da sie keine statische Funktion haben, können sie mit geringem Aufwand, wie alle Trennwände im Gebäude (Ausnahme: Trennwände zwischen den Brandabschnitten) entfernt werden, um die räumliche Anpassung an sich ändernde pädagogische Konzepte mit neuen Raumkonfigurationen wie z.B. einer offenen Lernlandschaft zu ermöglichen.

Dank Holzskelett flexibel im Grundriss.

Das Gebäude ist als wirtschaftliche Holzhybridkonstruktion mit Focus auf ein minimiertes Tragwerk und maximalen Vorfertigungsgrad konzipiert. Holzstützen in einem quadratischen / ungerichteten Achsraster von 8.50m x 8.50m bilden zusammen mit BSH-Unterzügen im Innenbereich und Überzügen als Brüstungen im Außenwandbereich in Gebäudelängsrichtung zunächst das konstruktive, „dreischiffige“ Raumskelett, das mittels Holz-Beton-Verbunddeckenelementen für die Geschossdecken bzw. Brett- sperrholzelementen für die Dachflächen komplettiert wird. Die wenigen Querwände, die für die Aussteifung des Gebäudes erforderlich sind, bilden gleichzeitig die erfor- derlichen Brandabschnittswände. Diese Konstruktionsweise bringt – neben einer deutlich reduzierten Bauzeit – mehrere Vorteile mit sich: Aufgrund der Reduktion des Tragwerks auf wenige tragende Bauteile und aussteifende Wände wird eine größtmögliche Freiheit in der Zonierung der Flächen mittels nichttragender Wände ermöglicht – und somit eine Flexibilität für kommende Raumzuschnitte aufgrund geänderter Nutzungs- anforderungen geschaffen. Grundsätzlich ist vorgesehen, dass Bauteile gleichzeitig mehrere Funktionen übernehmen: So erhält beispielsweise die robuste hölzerne Unterseite der Holz-Beton-Verbunddecken einen hohen Anteil an Fugen, die mit Streifen
aus Holzweich-faserplatten als Breitbandabsorber hinterlegt sind und damit für eine optimierte Raumakustik sorgen. Durch die Strategie „Rohbau = Ausbau“ wird erheblich Zeit für den Innenausbau reduziert und auf wenig langlebige Materialen – gerade im Bereich der Raumakustik – verzichtet.

Blühende Wiesen auf dem Dach.

Die geneigten Dachflächen werden als 5. Fassade erlebbar. Sie sind teilweise extensiv begrünt oder integrieren in Anlehnung an die die Gestaltung des übergeordneten Felderthemas Photovoltaik-Elemente sowie verglaste Oberlichter. Durch die Verschiebung der Gebäudeteile wird die gefaltete Dachkonstruktion im Innenraum erlebbar: Durch die Verglasung der Giebelschnittflächen fällt Licht in den zentralen Gebäudeteil.

Insgesamt wird ein wirtschaftlich nachhaltiges Gesamtkonzept aus Gebäudekonstruktion und energetisch optimierter Haustechnik vorgeschlagen, das aufgrund seiner Charakteristik eine geringe CO2-Bilanz aufweist sowie räumlich flexibel auf sich ändernde Bedürfnisse reagieren kann.